Von den Gründungsvätern bis hin zur entspannten Weltliteratur: Wer möchte, kann auf "P.E.I." tief in kanadische Geschichte(n) eintauchen. Aber ganz ruhig - denn Hektik gibt es hier nicht.
Nach meiner Schleife durch Nova Scotias Cape Breton Island und den dortigen Nationalpark führte mich mein Weg zum Fährhafen Caribou. Dass die etwa 80-minütige Passage selbst mit Mietwagen kostenlos blieb, liegt an einer Eigenheit von Prince Edward Island: Wer
die Insel besucht, bezahlt nur bei der Abreise. Da ich die Insel später via Brücke nach New Brunswick verliess, musste ich an der Brücke zahlen, und die Fähre war gratis.
Was mir an Charlottetown sofort auffiel: Viel Ruhe und viel Platz, selbst in der Innenstadt. Da fällt einem doch die Zeitreise leicht, zu der die zahlreichen gut gepflegten alten Häuser einladen.
Charlottetown präsentiert sich Touristen als die Wiege der kanadischen Föderation. Auf einem Spaziergang durch die kompakte kleine Stadt kann man bequem alle möglichen Orte ablaufen, die bei der Konferenz im Jahre 1864 eine Rolle spielten. Aber auch Besuchern ohne historischen Forscherdrang hat Charlottetown eine schöne Zeit zu bieten - frei von jeder Hektik.
Am Morgen nach meiner Ankunft fuhr ich zum Prince Edward Island Nationalpark. Dieses Naturschutzgebiet erstreckt sich über mehrere Dutzend Kilometer entlang der Nordküste der
Insel. Fokus der Parkverwaltung ist hier die Erhaltung einer intakten Dünenlandschaft.
Bei den Einheimischen ist der Nationalpark sehr beliebt. Sie interessiert nämlich, was hinter den Dünen liegt: Kilometerlange Sandstrände. Warum man die Natur hier schützen muss, lässt sich besonders im Westteil des Parks erkennen.
Dramatische Steilküstenabschnitte mit dem charakteristischen rotbraunen Farbton halten nur mühsam dem Meer stand. Ohne die dicht bewachsenen Dünen würde P.E.I.'s fruchtbare Erde durch die Elemente ungebremst abgetragen werden. Und das wäre doch jammerschade.
Dem Land, den Leuten und der Lebensart von Prince Edward Island hat die Autorin Lucy Maud Montgomery 1908 ein Denkmal gesetzt. Hauptfigur in ihrem Kinderbuch "Anne auf Green Gables" ist die rothaarige, sommersprossige Waise Anne, die auf einer Farm aufwächst. Die
temperamentvolle Quasselstrippe Anne gilt als eine der liebenswertesten Figuren der englischsprachigen Literatur und hat Fans auf der ganzen Welt. (Anne soll unter anderem Astrid
Lindgren dazu inspiriert haben, ein eigenes Buch über ein rothaariges Mädchen zu schreiben...)
In der Nähe der Ortschaft Cavendish befindet sich auf P.E.I. das Farmhaus mit den grünen Giebeln ("green gables"), dem das Buch seinen Namen verdankt. Autorin LM Montgomery wuchs mit den Kindern der damaligen Eigentümer auf und erkundete beim Spielen jeden Winkel der Farm.
Schon bald nach dem Erscheinen des Buches pilgerten erste Fans zur Farm. In den 70er Jahren schliesslich kaufte die kanadische Regierung die Farm und betreibt sie heute als National Historic Site. Zur Freude der Fans ist das Haus komplett begehbar, die Scheune und andere
markante Punkte aus dem Buch können ebenfalls erkundet werden. Ein Muss für Freunde des Buchs, aber auch für unbeleckte Besucher eine schöne Gelegenheit für eine kleine Zeitreise.
Fazit: P.E.I ist eine Reise wert. Oder auch zwei.
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